„Human Rights and the Climate Crisis – Towards a different understanding of Human Rights Protection?”
Vor mehr als 70 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet und seither setzt sich die Menschenrechtsbewegung für ihre Umsetzung ein. Doch neben den systematischen Menschenrechtsverletzungen durch staatliches Handeln zeigt sich in den letzten Jahren zunehmend das drastische Ausmaß der voranschreitenden Klimakrise. Überschwemmungen, Hitze und Dürren bedrohen unsere Lebensgrundlage und das menschliche Leben selbst. Bereits vorhandene strukturelle Ungleichheiten und die globale Ausbeutung von Mensch und Natur werden offensichtlich erkennbar und verstärkt. Wie kann die Menschenrechtsbewegung mit der daraus resultierenden, akuten Bedrohung umgehen, brauchen wir ein anderes Verständnis von Menschenrechtsschutz?
Über diese Fragen diskutierten vergangenen Montag (06.12.21) Alejandra Ancheita, mexikanische Anwältin, Verteidigerin von Rechten indigener Völker und Gründerin von ProDESC, und Wolfgang Kaleck, deutscher Anwalt und Gründer sowie Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights e. V., in Berlin. Moderiert wurde die Veranstaltung von Annelen Micus, Expertin zum Thema Klimakrise und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland.
Die Diskutierenden zeigten auf, dass die Menschenrechtsbewegung einen wichtigen Beitrag zum Kampf für Klimagerechtigkeit leisten kann: Die langjährigen Erfahrungen, zum Beispiel in der strategischen Prozessführung, können zur notwendigen Verschiebung der Machtverhältnisse beitragen. Alejandra Ancheita stellte dar, dass Menschen, deren Lebensgrundlage durch Aktivitäten von Unternehmen oder durch politische Entscheidungen anderer Länder bedroht oder zerstört werden, zunehmend Möglichkeiten erhielten, gegen die Eingriffe zu klagen. Diese Demokratisierung des Justizwesens sei ein wichtiger Schritt, um auch Personen und Gruppen, wie beispielsweise indigenen Gemeinschaften, eine laute Stimme zu geben, die in der Vergangenheit zu wenig Gehör fand.
Gleichzeitig kritisierte Wolfgang Kaleck die Menschenrechtsbewegung und forderte eine Politisierung der Organisationen und Aktivist_innen. Das Voranschreiten der Klimakrise hänge mit der jahrhundertelangen Ausbeutung von Mensch und Natur zusammen, die weiter durch den globalen Kapitalismus befeuert werde. Menschenrechtsorganisationen sollten daher ihre bisherige Neutralität hinterfragen und in den politischen Diskurs einsteigen. Ergänzt wurde dies von Alejandra Ancheitas Vorschlag, dass hier ein Blick auf andere Bewegungen, wie der feministischen oder #blacklivesmatter-Bewegung hilf- und lehrreich sein könne.
Beide Diskussionsteilnehmer_innen betonten außerdem die Bedeutung der Erkenntnis, dass die Klimakrise zwar unser aller Lebensgrundlage bedroht, ärmere Länder jedoch deutlich schlechtere Möglichkeiten hätten auf diese Bedrohungen zu reagieren oder sie abzufedern. Hierdurch seien diese einer größeren Gefahr ausgesetzt sind, als reichere Länder.
Insgesamt gab die Diskussion wichtige Denkanstöße für die weitere Menschenrechtsarbeit in Zeiten der Klimakrise. Eine zentrale Botschaft war das Plädoyer für einen intersektionalen und kollektiven Ansatz, den alle Bewegungen verfolgen müssten, um angemessen auf die Klimakrise reagieren zu können.
Die Diskussion lebte von den verschiedenen Erfahrungen und anschaulichen Beispielen durch Alejandra Ancheita und Wolfgang Kaleck. Wenn ihr Interesse habt, euch die Diskussion noch einmal detailliert anzuhören, findet ihr sie weiterhin in englischer Laut- und deutscher Gebärdensprache auf YouTube.
Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=3h08G2oMjIU