Schweiz: Parlament muss bahnbrechenden Klimafall respektieren

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Pressemitteilung | Original (englisch): hier | 04. Juni 2024

Im Vorfeld der Abstimmung des Schweizer Parlaments am 5. Juni über einen Antrag, das bahnbrechende Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Klimaseniorinnen nicht weiter zu befolgen, sagte Mandi Mudarikwa, Leiterin der Abteilung Strategische Rechtsstreitigkeiten von Amnesty International:

„Das Urteil stellt einen dringend benötigten Präzedenzfall dar, sowohl in Bezug auf die Anerkennung des Schadens, der den Klägerinnen durch den Klimawandel entstanden ist, als auch in Bezug auf das Versäumnis der Schweizer Regierung, die Treibhausgasemissionen einzudämmen und sie angemessen zu schützen. Die Nichtbefolgung des Urteils wäre ein verheerendes Signal an die europäischen Staaten, dass sie sich aussuchen können, welche Urteile sie befolgen wollen.

Es gibt kein ‘à la carte’, wenn es um die verbindlichen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geht. Der Klimawandel ist eine der drängendsten Fragen unserer Zeit. Der Schweizer Ständerat muss diese gefährliche Motion ablehnen und das Urteil umsetzen, indem er seine Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels intensiviert.“

Hintergrund

Die Rechtskommission von National- und Ständerat hat einen Antrag eingereicht, um dem Urteil des EGMR gegen die Schweiz im Fall der Klimaseniorinnen nicht nachzukommen.

In der Rechtssache Verein Klimaseniorinnen Schweiz and Others v. Switzerland argumentierte eine Gruppe, die mehr als 2 500 ältere Schweizerinnen vertritt, dass das Versäumnis ihrer Regierung, die globale Erwärmung angemessen einzudämmen, ihre Menschenrechte auf Gesundheit und Leben verletze und sie dem Risiko aussetze, während Hitzewellen zu sterben.

Der Gerichtshof stellte eine Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben fest, das ein Recht auf wirksamen Schutz durch die staatlichen Behörden vor den schwerwiegenden negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität beinhaltet. Dem Urteil zufolge ist die Schweiz ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen nicht nachgekommen und hat keine wirksamen Gesetze oder andere Maßnahmen erlassen, die die Klägerinnen vor Schaden bewahrt hätten.

Das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wurde im Jahr 2022 von der UNO-Generalversammlung universell anerkannt. Amnesty International ist Teil einer Koalition, die die Verabschiedung eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention über das Recht auf eine gesunde Umwelt fordert, das zur Stärkung und Klärung der Rechtsprechung des EGMR zum Umweltschutz, einschließlich des Klimawandels, beitragen würde.