Afrika: Reichere Länder müssen sich auf der COP29 zur Zahlung verpflichten, da der Klimawandel Millionen von Menschen in Afrika zwangsumgesiedelt hat

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Pressemitteilung | Original (englisch): hier | 4. November 2024

Die reicheren Länder, die am meisten für die globale Erwärmung verantwortlich sind, müssen sich auf der COP29-Klimakonferenz in Baku (Aserbaidschan) verpflichten, für den katastrophalen Verlust von Häusern und die Zerstörung von Lebensgrundlagen auf dem gesamten Kontinent aufzukommen, so Amnesty International. Sie müssen auch die Anpassungsmaßnahmen der afrikanischen Regierungen vollständig finanzieren, um weitere Zwangsvertreibungen zu verhindern, Menschenrechtsverletzungen zu stoppen und ihnen zu helfen, einen schnellen und fairen Ausstieg aus der Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe zu erreichen.

Dieselben Länder müssen dann ihrer Vereinbarung nachkommen, indem sie dringend den Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden finanzieren, den wichtigsten internationalen Fonds zur Bewältigung der unvermeidbaren Schäden des Klimawandels. Bislang wurden weniger als 700 Millionen Dollar der 400 Milliarden Dollar zugesagt, die die Länder mit niedrigerem Einkommen bis 2030 für Verluste und Schäden benötigen. In der Zwischenzeit könnte die Anpassung allein in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara 30 bis 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten. Die internationalen Finanzinstitutionen müssen dafür sorgen, dass die Gelder gerecht und bedarfsorientiert an die afrikanischen Länder verteilt werden.

„Die Menschen in Afrika haben am wenigsten zum Klimawandel beigetragen, doch von Somalia bis Senegal, vom Tschad bis Madagaskar leiden wir unter den schrecklichen Folgen dieser globalen Katastrophe, die Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben hat. Es ist an der Zeit, dass die Länder, die all diese Verwüstungen verursacht haben, zur Kasse gebeten werden, damit sich die Menschen in Afrika an die Klimakatastrophe anpassen können“, sagte Samira Daoud, Regionaldirektorin von Amnesty International für West- und Zentralafrika.

Globale Krise, afrikanische Katastrophe

Untersuchungen von Amnesty International zeigen, dass in jedem Winkel des afrikanischen Kontinents Dürren, Überschwemmungen, Stürme oder Hitze die Menschen innerhalb der Länder und über die Grenzen hinweg vertreiben, was zu Menschenrechtsverletzungen wie dem Verlust von Unterkünften, der Unterbrechung des Zugangs zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung und Bildung sowie der Gefahr geschlechtsspezifischer Gewalt und sogar des Todes führt.

Die afrikanischen Regierungen sind zwar für den Schutz der Menschenrechte in dieser Krise verantwortlich, können dies aber nur dann angemessen tun, wenn die reicheren Länder die entsprechenden Mittel bereitstellen.

Allein in Somalia wurden mehr als eine Million Menschen durch die anhaltende Dürre und die immer wiederkehrenden Überschwemmungen vertrieben, die die landwirtschaftlichen Betriebe dezimiert, das Vieh getötet und die Häuser zerstört haben, so dass die durch den jahrzehntelangen Bürgerkrieg bereits geschwächten Gemeinschaften gezwungen waren, in Lager für Binnenvertriebene oder nach Kenia und Äthiopien zu fliehen.

Im Küsten-Senegal hat der Anstieg des Meeresspiegels ganze Dörfer zerstört und Tausende von Menschen ins Landesinnere gezwungen, wo sie ohne angemessene Unterstützung unter dem Mangel an Arbeitsplätzen und Unterkünften leiden.

Im Tschad haben steigende Temperaturen Viehhirt*innen in die südlichen Agrarregionen des Landes getrieben, um Weideland und Wasser zu finden, was zu tödlichen Zusammenstößen mit Landwirt*innen geführt hat, da es kein wirksames Konfliktmanagement und keine Unterstützung für beide Gruppen gibt.

Viele Teile des Kontinents leiden unter schweren Dürren, die wahrscheinlich durch den Klimawandel noch verschärft werden.  Eine sechs Jahre andauernde Dürre im Süden Madagaskars hat mehr als 56.000 Antandroys von ihrem angestammten Land vertrieben und sie gezwungen, nach neuem Land zu suchen, um sich dort niederzulassen, nur um in anderen Teilen des Landes mit einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen konfrontiert zu werden. Die zurückgebliebenen Menschen kämpfen um Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung.

Unterdessen haben wiederholte schwere Dürren im südlichen Afrika die Menschen an den Rand des Abgrunds getrieben. In Angola hat der Hunger vor allem Frauen und Kinder dazu gezwungen, auf der Suche nach Nahrung nach Namibia zu migrieren, was die Gefahr von Ausbeutung, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt und Bildungsabbrüchen erhöht.  

Aber selbst in Namibia ist die Hälfte der Bevölkerung von Ernährungsunsicherheit betroffen, und die Regierung hat den Dürre-Notstand ausgerufen, ebenso wie die Regierungen von Lesotho, Malawi, Sambia und Simbabwe. Keines dieser Länder hat das Geld, um die Dürre zu bekämpfen.

„In ganz Afrika sind die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels bereits zu spüren. Extreme Dürren, Überschwemmungen, Stürme und Hitze zerstören die Lebensgrundlagen und die lokale Wirtschaft und zwingen immer mehr Menschen, ihre Heimat zu verlassen. In allen von Amnesty International untersuchten Fällen haben die nationalen Regierungen nicht die Mittel, um angemessen zu reagieren. Die Länder, die diese sich rasch ausbreitenden unnatürlichen Katastrophen verursacht haben, müssen für deren Bewältigung aufkommen“, sagte Tigere Chagutah, Regionaldirektorin von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika.

Vollständige und gerechte Finanzierung

Die Mobilisierung und Bereitstellung der erforderlichen Mittel ist nur der erste Schritt zur Bewältigung der schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels in Afrika. Der Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden muss die Gelder gerecht verteilen, damit sie die Länder erreichen, die sie am dringendsten benötigen, auch durch direkten Zugang der betroffenen afrikanischen Gemeinschaften.

Ebenso müssen internationale Finanzinstitutionen und kreditgebende Länder afrikanischen Ländern, die dies beantragen, einen Schuldenerlass gewähren, damit sie in Klimaanpassungsmaßnahmen investieren können, die die Menschenrechte schützen. In den letzten Jahren hat die äthiopische Regierung beispielsweise dreimal so viel Geld für die Rückzahlung von Schulden ausgegeben wie für die Anpassung an den Klimawandel, während Länder von Kongo bis Mosambik regelmäßig weit mehr für den Schuldendienst ausgeben als für die Bekämpfung des Klimawandels.

„Angesichts des Ausmaßes der klimabedingten Vertreibung und der Menschenrechtsverletzungen in Afrika reichen halbherzige Maßnahmen und Lippenbekenntnisse der reicheren Länder, die diese Krise verursacht haben, nicht aus. Die Zusagen auf der COP29, für Schäden und Anpassungsmaßnahmen in Afrika vollständig und gerecht aufzukommen, sind jedoch nur der Anfang. Die Länder, die für den Klimawandel verantwortlich sind, und die internationalen Finanzinstitutionen müssen ihre Zusagen einhalten und die erforderlichen Mittel bereitstellen. Afrika kann nicht länger warten“, sagte Tigere Chagutah, Regionaldirektor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika.