Der Gesundheitszustand von Anar Mammadli hat sich im Gefängnis stark verschlechtert. Die Behörden verweigern dem Menschenrechtler und Klimaschützer die erforderliche medizinische Versorgung. Er befindet sich seit dem 29. April 2024 aufgrund konstruierter Anklagen in Haft und muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.
Sachlage
Der Menschenrechtsverteidiger Anar Mammadli ist nach wie vor willkürlich inhaftiert und wird im Gefängnis nicht angemessen medizinisch versorgt. Laut Angaben seiner Rechtsbeistände hat sich sein Gesundheitszustand in der Haft verschlechtert. So soll seine Arthritis schlimmer geworden sein, und er leidet immer wieder unter Magenkrämpfen und Kopfschmerzen. Zudem weist er Bronchitissymptome wie Kurzatmigkeit und hartnäckigen Husten auf. Viele dieser gesundheitlichen Probleme begannen 2014, als Anar Mammadli erstmals willkürlich inhaftiert wurde, und haben sich nun während seiner jüngsten Haftzeit weiter verschlimmert.
Anar Mammadli, der sich in Verbindung mit der 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29), die im November 2024 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku stattfindet, für Menschenrechte und Umweltgerechtigkeit einsetzt, wurde am 29. April 2024 festgenommen. Er wurde von nicht identifizierten maskierten Männern auf der Straße angehalten und in einem schwarzen Fahrzeug weggefahren. Nach Angaben von Familienmitgliedern durchsuchte die Polizei daraufhin sein Haus und schob ihm dort Geld unter. Er wird nun wegen des fabrizierten Vorwurfs der “Verschwörung zur illegalen Einfuhr von Geld” gemäß Paragraf 206.3.2 des aserbaidschanischen Strafgesetzbuchs in Haft gehalten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu acht Jahre Gefängnis.
Am 17. und 25. Oktober wurden bei Anar Mammadli in der Gefängnisklinik Bluttests und Magenuntersuchungen vorgenommen. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden ihm jedoch nicht mitgeteilt. Die Gefängnisbehörden haben ihn bisher weder gründlich untersuchen lassen noch ihm die nötige Behandlung gewährt, obwohl sein Rechtsbeistand dies mehrfach eingefordert hat.
Setzt euch für den Menschenrechtsverteidiger und Umweltschützer Anar Mammadli ein!
Link zur Aktion: Website von Amnesty International
Hintergrundinformation
Anar Mammadli ist Menschenrechtsverteidiger und Leiter des Zentrums für Wahlbeobachtung und Demokratiestudien. Er ist Mitbegründer von “Climate of Justice”, einer neu gegründeten Gruppe, die sich mit der Förderung von zivilgesellschaftlichem Engagement und Umweltgerechtigkeit im Rahmen der 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29) beschäftigt, die im November 2024 in Baku stattfinden wird. Er gehörte zu den ersten Aktivisten in Aserbaidschan, die die Achtung der Menschenrechte mit der Klimagerechtigkeit verknüpften und sich aktiv an der internationalen Lobbyarbeit im UN-Menschenrechtsrat und in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa beteiligten.
Am 29. April 2024 war Anar Mammadli auf dem Weg, sein Kind vom Kindergarten abzuholen, als er von nicht identifizierten maskierten Männern angehalten und in einem schwarzen Fahrzeug weggefahren wurde. Nach Angaben von Familienmitgliedern durchsuchte die Polizei daraufhin das Haus von Anar Mammadli und soll ihm dort Geld untergeschoben haben. Das Innenministerium bestätigte seine Festnahme, und seine Schwester berichtete, dass er offiziell der “Verschwörung zur illegalen Einfuhr von Geld” gemäß Paragraf 206.3.2 des aserbaidschanischen Strafgesetzbuchs verdächtigt wird.
Berichten zufolge wurde ihm in der Nacht in einem provisorischen Haftzentrum in Baku der Zugang zu seinem Rechtsbeistand verweigert. Am 30. April 2024 entschied das Bezirksgericht Khatai in Baku, ihn bis Ende August 2024 in Untersuchungshaft zu nehmen. Das Berufungsgericht in Baku prüfte am 6. Mai ein Rechtsmittel gegen die Inhaftierung von Anar Mammadli, wies dieses jedoch zurück.
Am 7. Oktober bat Anar Mammadli in einem handschriftlichen Antrag darum, in einer zivilen Privatklinik untersucht zu werden. Beigefügt war ein offizieller Antrag seiner Rechtsbeistände, und das Schreiben ging an die oberste medizinische Abteilung des Justizministeriums, die Strafvollzugsbehörden, das Innenministerium und die aserbaidschanische Menschenrechtsbeauftragte.
Daraufhin wurde Anar Mammadli in der Haftanstalt ärztlich untersucht. Die Menschenrechtsbeauftragte hat die Behörden um die Resultate gebeten. Anar Mammadli und seinen Rechtsbeiständen wurden die Ergebnisse der Untersuchung bisher nicht mitgeteilt.
Im Jahr 2014 wurde Anar Mammadli von Amnesty International als gewaltloser politischer Gefangener anerkannt, als er wegen fingierter Anklagen im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung, illegalem Unternehmertum und Amtsmissbrauchs zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Während seiner Haftzeit erhielt er den Václav-Havel-Menschenrechtspreis der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) für seine herausragenden Beiträge zur Zivilgesellschaft durch die Verteidigung der Menschenrechte.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte fest, dass die Inhaftierung von Anar Mammadli im Jahr 2013 eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellte. Die aserbaidschanischen Behörden haben das Urteil jedoch bis dato nicht vollständig umgesetzt; so wurde seine Verurteilung nicht rückgängig gemacht und seine bürgerlichen und politischen Rechte nicht vollständig wiederhergestellt.
Anar Mammadli wurde 2016 begnadigt, ist aber seither immer wieder Angriffen der Behörden und regierungsnaher Medien ausgesetzt, die sich im Vorfeld der COP29 verschärft haben.
Die derzeitige Inhaftierung von Anar Mammadli reiht sich in ein Muster des Missbrauchs des Strafrechtssystems ein, das darauf abzielt, Kritiker*innen der Regierung, einschließlich Menschenrechtler*innen und Journalist*innen, mundtot zu machen. Davon betroffen sind unter anderem der Wirtschaftswissenschaftler Gubad Ibadoghlu, der gegen Korruption ankämpft, sowie Akif Gurbanov, Vorstandsmitglied der Oppositionsgruppe Third Republic Platform, und Alasgar Mammadli, Gründer des unabhängigen Nachrichtenkanals Toplum TV. Darüber hinaus befinden sich mehr als 20 Journalist*innen in Haft, darunter Journalist*innen und Medienschaffende der Sender Abzas Media, Toplum TV und Kanal 13.