Kanada: Gaspipelineprojekt stoppen!

Die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Flüssiggas-Pipelineprojekt Prince Rupert Gas Transmission läuft am 25. November 2024 aus. Im Jahr 2014 bestätigte die Regierung die Umweltverträglichkeit, obwohl sie zu dem Schluss gekommen war, dass das Projekt erhebliche nachteilige Auswirkungen haben und die Treibhausgasemissionen erhöhen würde. Inzwischen wurde die Pipeline-Route, die durch das niemals abgetretene, angestammte Land mehrerer indigener Völker führt, geändert. Es droht eine unbefristete Verlängerung des Zertifikats über die Umweltverträglichkeit, was das Recht aller Menschen auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt und die Lebensweise der Indigenen gefährden würde. Amnesty fordert eine Neubewertung mit vollumfänglicher Konsultation der First Nations entlang der Pipelineroute.

Sachlage

Bei dem Projekt Prince Rupert Gas Transmission (PRGT) handelt es sich um eine 900 km lange Pipeline mit einem Durchmesser von 48 Zoll, durch die verflüssigtes Erdgas (LNG) von Hudson’s Hope im Nordosten von British Columbia zu einer geplanten LNG-Exportanlage an der Nordwestküste von British Columbia transportiert werden soll, deren genauer Standort noch von der Provinzregierung bestätigt werden muss. 

Das PRGT-Projekt birgt Risiken für die Menschenrechte und die Umwelt, sollte es auf der Grundlage einer zehn Jahre alten Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden. Die Provinz British Columbia muss eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt durchführen, die der Klimaänderung Rechnung trägt und die Verpflichtungen der Provinz gemäß dem ratifizierten Gesetz zur UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker (Declaration on the Rights of Indigenous Peoples Act) berücksichtigt.

Die von PRGT vorgeschlagene Trasse führt durch das niemals abgetretene, angestammte Territorium mehrerer First Nations. Als langjähriger Verursacher hoher Schadstoffemissionen hat Kanada eine besondere Pflicht, die Genehmigung neuer Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe zu stoppen. Die Regierungen von Kanada und British Columbia sind außerdem verpflichtet, vor der Genehmigung von Projekten umfassende und rechtzeitige Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen durchzuführen und diese den indigenen Völkern im Rahmen des Konsultationsprozesses vorzulegen, um deren freie, vorherige und informierte Zustimmung zu Aktivitäten, die sie betreffen, einzuholen.

Seit 2021 warnt die Internationale Energieagentur (IEA) immer wieder davor, dass neue Projekte für fossile Brennstoffe zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führen und dem Ziel widersprechen würden, bis 2050 weltweit eine Netto-Null-Emission zu erreichen. Auch die Rahmenbedingungen haben sich seit der Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts im Jahr 2014 erheblich verändert. Seitdem hat die Provinz British Columbia strengere Luftqualitätsstandards und höhere Minderungsziele eingeführt. Die wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen haben sich verändert, und der Klimawandel schreitet zügig voran. Die kanadischen Flüsse sind wärmer und führen weniger Wasser, Lachse und andere Fisch- und Wildtierpopulationen sind stärker gefährdet, und häufigere Waldbrände haben zunehmende Auswirkungen auf die Region. 

Besorgniserregend ist auch, dass mit dem Bau der PRGT-Pipeline begonnen wurde, obwohl die Pipeline noch keinen genehmigten Endpunkt hat. Die aktuelle Umweltverträglichkeitsprüfung basiert noch auf dem Verlauf der Pipeline mit einem Ende auf der Insel Lelu. Da dies nicht mehr der Fall ist und sich die Trasse der Pipeline im Falle der Verwirklichung des Projekts wahrscheinlich ändern würde, ist eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung umso notwendiger. 

Link zur Aktion: Website von Amnesty International

Hintergrundinformation

Seit dem Baubeginn des Projekts im August 2024 haben sich zahlreiche First Nations, darunter die Gitanyow, Gitxsan und Angehörige der Nisga’a, dagegen ausgesprochen, dass das Projekt auf der Grundlage von Umweltverträglichkeitsprüfungen, die über ein Jahrzehnt alt sind, genehmigt wird. Sowohl die Gitanyow als auch die Gitxsan haben Blockaden entlang der geplanten Pipeline-Trasse errichtet, um den Bau zu verhindern. Gegen das PRGT-Projekt sowie gegen das geplante LNG-Terminalprojekt Ksi Lisims wurden mehrere Klagen angestrengt. 

Die Regierungen von Kanada und der Provinz British Columbia sind verpflichtet, die Genehmigung neuer Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe zu stoppen und vor der Genehmigung von Projekten umfassende und rechtzeitige Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Diese müssen den indigenen Völkern im Rahmen des Konsultationsprozesses zur Verfügung gestellt werden, um ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung einzuholen. Die Regierungen sind verpflichtet, die indigenen Völker mittels der von ihnen selbst gewählten Vertretungsinstitutionen zu konsultieren und nach Treu und Glauben mit ihnen zusammenzuarbeiten, um ihre freie und informierte Zustimmung einzuholen, bevor sie ein Projekt genehmigen, das sich auf indigene Territorien und ihre Ressourcen auswirkt. Die Anhörungspflicht sollte ein ständiger Prozess des Dialogs und der Verhandlung sein, der sich über den gesamten Verlauf eines Projekts erstreckt, von den frühesten Phasen der Projektplanung bis hin zur Durchführung und Nachbereitung.

Die Prince Rupert Gas Transmission Holdings Ltd. und die Prince Rupert Gas Transmission Limited Partnership (PRGT Ltd.) befinden sich derzeit im Besitz der Nisga’a Nation und Western LNG LLC.

Das Amt für Umweltverträglichkeitsprüfung von British Columbia (British Columbia Environmental Assessment Office, BC EAO) genehmigte die Umweltverträglichkeitsprüfung des PRGT-Projekts am 25. November 2014 (und erlaubte damit die Fortführung des Projekts) auf der Grundlage von Umweltverträglichkeitsprüfungen, die in diesem Jahr und in den Jahren zuvor durchgeführt wurden. Die BC EAO genehmigte die Bescheinigung, obwohl ihre Bewertung ergab, dass das Projekt erhebliche negative Auswirkungen auf Karibus und Treibhausgasemissionen haben würde. Als das PRGT-Projekt sein Umweltzertifikat erhielt, war der geplante Endpunkt der Pipeline das Pacific Northwest LNG-Terminal auf Lelu Island. Das Terminalprojekt wurde jedoch 2017 gestrichen, bevor der Bau von PRGT oder Pacific Northwest LNG begann. Im Jahr 2024 beantragte PRGT Ltd. bei der BC EAO, den Endpunkt der Pipeline auf das geplante Ksi Lisims LNG-Terminal auf Pearse Island zu verlegen; ein Terminal, das derzeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wird und noch nicht von der BC-Regierung genehmigt wurde. Mit anderen Worten: Die PRGT-Pipeline hat derzeit keinen genehmigten Endpunkt. Wenn der Antrag auf Änderung des Endpunkts der Pipeline zum Ksi Lisims LNG-Terminal genehmigt wird und die Regierung von British Columbia diesem Terminal zustimmt, würde sich auch der Verlauf der PRGT-Pipeline ändern, was bedeutet, dass die von den Unternehmen 2014 und früher durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht mehr repräsentativ für den neuen Verlauf der Pipeline wären.

2019 erhielt das PRGT-Projekt eine einmalige Verlängerung der Umweltverträglichkeitsprüfung, die vorsieht, dass das Projekt bis zum 25. November 2024 im Wesentlichen begonnen sein muss. Wenn das PRGT-Projekt bis zum 25. November 2024 „im Wesentlichen begonnen“ wird, bleibt das Umweltverträglichkeitsprüfungszertifikat gemäß der Politik der BC EAO zur Bestimmung des wesentlichen Projektbeginns für die gesamte Lebensdauer des Projekts gültig. Wird das Projekt bis zu diesem Datum nicht begonnen, erlischt die Umweltverträglichkeitsbescheinigung. Mit der Rodung des Waldes für die PRGT-Pipeline wurde am 24. August 2024 begonnen.

Die Umstände haben sich seit der Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts im Jahr 2014 erheblich verändert. Seitdem hat die Provinz British Columbia strengere Luftqualitätsstandards und höhere Treibhausgasemissionsziele eingeführt. Die wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen haben sich verändert, und der Klimawandel schreitet voran. Die lokalen Flüsse sind wärmer und haben weniger Wasser, die Lachspopulationen und andere Fisch- und Wildtierbestände sind stärker gefährdet, und häufigere Waldbrände haben zunehmende Auswirkungen auf die Region. Darüber hinaus wurde mit dem Bau der PRGT-Pipeline begonnen, obwohl das Projekt keinen genehmigten Endpunkt hat und die derzeitige Umweltverträglichkeitsprüfung auf einer Route basiert, die auf der Insel Lelu endet, was nicht mehr der Fall sein wird, wenn das Projekt fortgeführt wird.