Der Amazonas kann nicht länger warten

Beitragsbild: Photo by Iván Martínez / Amnesty International

Von den Kriegerinnen für den Amazonas (Guerreras por la Amazonía)

Original (englisch): hier | 13. Mai 2025

Unser ganzes Leben lang waren wir Zeuginnen des Leids und der Zerstörung, die die Erdölförderung im Amazonasgebiet angerichtet hat. Wir, die jungen Frauen, die sich heute „Kriegerinnen für den Amazonas“ nennen, sind Teil einer Bewegung, die gemeinsam mit der Union der von den Erdölgeschäften Texacos betroffenen Menschen (UDAPT), dem Kollektiv „Eliminen los Mecheros, Enciendan la Vida“ (Entferne die Fackeln, entzünde das Leben) und unseren Gemeinden und Familien für die Gegenwart und Zukunft des Amazonas und gegen die Ölverschmutzung kämpft.

Wir sind neben den Gasfackeln aufgewachsen, diesen Feuermonstern, die für die Ölförderung eingesetzt werden und unsere Luft und unser Wasser verschmutzen. Jede einzelne Flamme dieser Ungeheuer bedeutet mehr Verschmutzung, mehr Leid und mehr Krankheit für unser Volk sowie mehr Zerstörung für die Heimat, die wir mit Tausenden von Arten teilen. Wir sehen jeden Tag, wie Insekten und Tiere in den Flammen verbrannt werden. Die Umweltverschmutzung tötet unsere Lieben: unsere Mütter, Väter, Großeltern, Nachbar*innen und Freund*innen, die an Krankheiten wie Krebs erkranken. Viele von ihnen müssen lange Fahrten nach Quito oder in andere Städte auf sich nehmen, um sich von Spezialist*innen behandeln zu lassen. Einige überleben diese ungerechte Realität nicht.

Die Fackeln sind auch Zeitbomben, die Methan und andere Schadstoffe freisetzen, die unsere Atmosphäre aufheizen und zu Klimakatastrophen beitragen, von denen diejenigen von uns, die bereits unter der Umweltverschmutzung leiden, unverhältnismäßig stark betroffen sind.

Trotz alledem lässt der ecuadorianische Staat den Betrieb und die Vermehrung dieser Fackeln weiterhin unkontrolliert zu. Gemeinsam mit UDAPT, anderen Kollektiven, unseren Familien und unseren Gemeinden haben wir seit 2020 rechtliche Schritte eingeleitet, um die Beseitigung der Fackeln zu erreichen. Nach einem langen und anstrengenden Kampf haben die Gerichte im Juli 2021 zu unseren Gunsten entschieden. Doch der Staat ignoriert uns nun schon seit mehr als drei Jahren. Die Zahl der Fackeln hat zugenommen, von 447 im Jahr 2019 auf 486 im Jahr 2023. Diese Situation ist unhaltbar und stellt eine Verletzung unserer Menschenrechte dar.

Wir fordern nicht, dass die Fackeln abgeschaltet werden. Vielmehr fordern wir, wie vom Gericht angeordnet, die Beseitigung aller Fackeln, die unser Leben, die Natur und andere Gemeinschaften beeinträchtigen. Der ecuadorianische Staat und alle anderen Länder, in denen Fackeln verwendet werden, müssen sich nicht nur verpflichten, diese zu entfernen, sondern auch die bereits entstandenen Schäden zu beheben. Wir können nicht zulassen, dass die Ölförderung weiterhin Leben zerstört.

Wir fordern den gewählten Präsidenten Ecuadors, Daniel Noboa, auf, anzuerkennen, dass er nicht nur die Pflicht hat zu regieren, sondern auch Leben, Gesundheit und Natur zu schützen. In den 50 Jahren der Erdölförderung hat kein Präsident sinnvolle Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte und der Umweltgerechtigkeit ergriffen, weil diese Themen für ihn keine Priorität darstellten. In Regionen wie dem Amazonasgebiet oder Esmeraldas, die kürzlich von einer verheerenden Ölpest betroffen waren, die durch die Nachlässigkeit von Petroecuador verursacht wurde, schöpft der ecuadorianische Staat weiterhin Ölreichtum auf Kosten des Landes und der Rechte der Menschen. Für diejenigen von uns, die in diesen Opferzonen leben, bleiben nur Verschmutzung und Tod. Wir kämpfen nicht nur gegen die Fackeln, sondern auch dafür, dass die Verletzung unserer Rechte und der Rechte der von der Ölindustrie und dem Klimawandel Betroffenen ein Ende hat.

Wir können nicht zulassen, dass die ecuadorianische Regierung weiterhin die harte Realität ignoriert, mit der die Gemeinden im Amazonasgebiet des Landes oder die von der Ölförderung Betroffenen konfrontiert sind. Sie muss aufhören, Geld vor Gesundheit oder Leben zu stellen. Im Zusammenhang mit der Klimakrise können dringende Maßnahmen nicht länger aufgeschoben werden. Unser Kampf, der vom ganzen Land geteilt werden sollte, ist ein Kampf für eine Zukunft, in der unsere Familien in Frieden leben, saubere Luft atmen und Wasser trinken können, das nicht verschmutzt ist.

Dies ist keine Botschaft der Verzweiflung, sondern eine Botschaft der Hoffnung auf Veränderung. Wir wissen, dass wir nicht allein sind. Jeden Tag schließen sich mehr und mehr Menschen innerhalb und außerhalb Ecuadors unserer Sache an und erkennen, dass unser Kampf ein Kampf um das Leben selbst ist. In dieser kritischen Phase fordern wir die Präsidentschaftskandidaten auf, auf leere Rhetorik zu verzichten und stattdessen konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Es ist an der Zeit, ein wahres gemeinsames Haus für uns und für diejenigen, die nach uns kommen werden, aufzubauen.