Feuer im Herzen des ecuadorianischen Amazonas: Mädchen und junge Frauen kämpfen für Klimagerechtigkeit

11. Juni 2025

Von Alicia Moncada, Researcherin für Klimagerechtigkeit in Nord- und Südamerika, und Tamaryn Nelson, Rechtsberaterin für Wirtschaft und Menschenrechte

SUCUMBÍOS, Ecuador.

Nachts im ecuadorianischen Amazonasgebiet erhellen riesige Flammen die Dunkelheit. Es sind die Flammen der Gasfackeln, die sich über den Ölquellen erheben und die alles andere als ein Zeichen des Fortschritts sind, sondern lebende Narben in der grünen Lunge unseres Planeten. Sie verbrennen nicht nur Erdgas und vergeuden damit unnötig eine nicht erneuerbare Ressource, sondern verschmutzen auch die Luft, zerstören die Artenvielfalt und bedrohen das Leben und die Rechte der umliegenden Gemeinden. Hier ist Umweltgerechtigkeit seit über 57 Jahren ein ferner Traum, während die Menschenrechte mit dem Gas verbrennen.

Die Verbrennung von Gas in Fackeln: ein großer Fehler für das Klima

Von der Erkundung bis zur Ausbeutung beeinträchtigt die Ölförderung die biologische Vielfalt erheblich und verursacht Auswirkungen, die das Recht auf ein Leben in Würde, auf Gesundheit und auf eine saubere und gesunde Umwelt untergraben. Insbesondere die Verbrennung von Gas in Fackeln ist zu einem Symbol der Ungerechtigkeit geworden, da ihr fortgesetzter Betrieb die globale Klimakrise verschärft, indem er zu erheblichen Emissionen von Treibhausgasen (THG) wie Methan beiträgt, einem Superschadstoff, dessen Erwärmungswirkung auf die Atmosphäre viel stärker ist als die von CO2. Durch die Fortführung dieser schädlichen und unnötigen Praxis wird ein Wirtschaftsmodell aufrechterhalten, das auf fossile Brennstoffe angewiesen ist.

Amnesty International hat umfangreiche Nachforschungen angestellt und festgestellt, dass die Zahl der Fackeln trotz eines Gerichtsurteils, das ihre Entfernung anordnete, zugenommen hat und sie weiterhin in der Nähe von bewohnten Gebieten betrieben werden. Diese Situation vertieft die systemische Marginalisierung, Ungleichheit und den Umweltrassismus – definiert als die ungleiche Belastung durch negative Umweltauswirkungen, die unverhältnismäßig stark rassifizierte Gemeinschaften betreffen – im ecuadorianischen Amazonasgebiet, das eine riesige Opferzone der Ölindustrie ist. 

Nach Angaben der Weltbank gehört Ecuador zu den 30 Ländern, die am meisten Gas abfackeln, und setzt durch die Fortsetzung dieser schädlichen Praxis das Leben, die Gesundheit und die Rechte der ärmsten Gemeinden des Landes aufs Spiel.

Die ecuadorianische Regierung und Unternehmen wie Petroecuador haben sich dafür entschieden, diese Praxis fortzusetzen und die finanziellen Gewinne aus der Ölförderung über das Leben der Menschen und die Umwelt zu stellen. Dabei sollten sie eigentlich ihrer Verantwortung nachkommen, die Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu wahren und ihre Aktivitäten und Geschäftsmodelle mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen, insbesondere den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Die Regierung muss auch einen Dialog mit den indigenen Völkern aufnehmen und deren Kosmovision und Prioritäten respektieren, um die Ausdehnung der Opferzonen zu stoppen und die einzigartige Artenvielfalt des Amazonas zu schützen. Vor den Wahlen in Ecuador ist es unerlässlich, dass derjenige, der zu*r Präsident*in des Landes gewählt wird, sich nicht nur an das Gerichtsurteil hält, sondern auch Maßnahmen ergreift, um die strukturellen Ursachen der Ungleichheit und Marginalisierung im Amazonasgebiet anzugehen, die durch die Ölindustrie, die ihre Fördertätigkeit um jeden Preis fortsetzt, noch verschärft wurden.

Widerstand von Mädchen und jungen Frauen aus dem ecuadorianischen Amazonasgebiet

Inmitten dieses verheerenden Szenarios haben neun Mädchen und junge Frauen aus dem Amazonasgebiet ihre Stimme gegen dieses Symbol der Zerstörung erhoben. Unterstützt von der Union der von Texacos Ölgeschäften betroffenen Menschen (UDAPT) und dem Kollektiv „Eliminen los Mecheros“ (Entfernt die Fackeln), haben diese jungen Frauen beschlossen, die Feuermonster – wie sie sie nennen – zu bekämpfen, um dem ecuadorianischen Staat und der Ölindustrie zu trotzen. Diese Aktivistinnen und ihr Anliegen, bekannt als der „Fackel-Fall“, gewannen 2021 ein historisches Urteil eines Gerichts im ecuadorianischen Amazonasgebiet, das die durch die Fackeln verursachten Menschenrechtsverletzungen und ihren Beitrag zu den Treibhausgasemissionen, die die globale Erwärmung verschärfen, anerkannte.

Drei Jahre später setzen die Aktivistinnen ihren Kampf fort, denn die Einhaltung des Urteils ist immer noch ein gebrochenes Versprechen. Trotz der Anordnung, die Fackeln schrittweise zu entfernen, beginnend mit denjenigen, die sich näher an bewohnten Zentren befinden, verschmutzen die Gasfackeln weiterhin die Region und führen zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Gemeinden und die Umwelt.

In einer Welt, die am Rande des Klimakollapses steht, erinnern uns die Aktionen dieser Mädchen und jungen Frauen aus dem Amazonasgebiet und ihr Mut, sich gegen den Staat und die nationale Ölgesellschaft Petroecuador zu stellen, daran, dass Klimagerechtigkeit vor allem eine Frage der Menschenrechte ist. Ihr Widerstand zeigt uns, dass eine bessere Welt möglich ist, aber dazu bedarf es der gemeinsamen Anstrengungen von Regierungen, Unternehmen und Bürger*innen.

Keine Zeit zu verlieren

In ihrer Neujahrsbotschaft vom Dezember 2024 erklärten die Vereinten Nationen, dass die wärmsten Jahre seit 2014 in den letzten zehn Jahren aufgezeichnet wurden. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bestätigte, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird und damit den bisherigen Rekord von 2023 übertrifft, mit mehr Wirbelstürmen, Stürmen, Waldbränden, Überschwemmungen und anderen Katastrophen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen.

Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen. Die Flammen der Fackeln sind eine Warnung, dass „business as usual“ nicht nur den Schaden verewigt, sondern uns auch immer näher an einen Punkt bringt, an dem es kein Zurück mehr gibt.

Es ist an der Zeit, dass die Regierung von Präsident Daniel Noboa entschlossen handelt, nicht nur, um ihren Verpflichtungen in Bezug auf die nationalen und internationalen Menschenrechte und die Rechte der Natur nachzukommen, sondern auch, um eine würdige Zukunft für alle Menschen zu gewährleisten, insbesondere für die Kinder und Jugendlichen, die für eine Klimakrise bezahlen, die sie nicht verursacht haben. Eine Zukunft, die auch von der dringenden Abschaffung der fossilen Brennstoffe abhängt.

Das Urteil im Fall der Fackeln ist eindeutig, die Wissenschaft ist unbestreitbar, und die Zeit läuft ab. Die betroffenen Gemeinden, die jungen Aktivistinnen, die ihr Leben für den Amazonas und künftige Generationen riskieren, erwarten mehr als nur Worte. Sie fordern konkrete Maßnahmen und einen aussagekräftigen Zeitplan für die Beseitigung der Fackeln, angefangen bei denen, die Häuser und Schulen vergiften. Präsident Noboa hat es in der Hand, auf die mutige Haltung dieser neun jungen Frauen zu reagieren, die sich gegen die gefährlichen und unnötigen Fackeln aussprechen. Es ist an der Zeit, dass Ecuador die Fackeln der Ungerechtigkeit löscht und das Leben entfacht.

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