„Fighting on the Frontlines of the Climate Crisis: Floodings, Extreme Heat and the Right to Health in Pakistan“ – Veranstaltungsbericht und Rückblick

Am 10. September 2025 hat die Klimakogruppe eine Veranstaltung anlässlich des aktuellen Amnesty International Berichts „Uncounted – Invisible deaths of older people and children during climate disasters in Pakistan“ organisiert. Gemeinsam mit 25 Teilnehmenden haben wir uns mit der Situation in Pakistan und den Effekten der Klimakrise auseinandergesetzt und diskutiert, wie stark Extremwetterlagen das Recht auf Gesundheit und soziale Gerechtigkeit beeinträchtigten.

Marcel Bodewig, Mitglied der Themenkoordinationsgruppe Klimakrise und Menschenrechte, eröffnete die Veranstaltung mit einer klaren Botschaft: Die Klimakrise ist eine globale Herausforderung, die besonders Länder wie Pakistan trifft, die am wenigsten zur Krise beitragen, aber am stärksten betroffen sind. Er wies darauf hin, dass die Auswirkungen der Klimakrise, wie extreme Hitze und Überschwemmungen, zwar auch in Deutschland spürbar, jedoch in Ländern wie Pakistan existentiell sind. Er hob hervor, wie wichtig es sei, die Stimmen der Betroffenen selbst in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt über sie hinweg zu sprechen, insbesondere in einem globalen Nord-Süd-Kontext.

Laura Mills vom Amnesty Crisis Response Team stellte die zentralen Ergebnisse des neuen Berichts vor. Pakistan ist mit nur 0,32 % Anteil an den globalen Emissionen zwar für die Klimakrise kaum verantwortlich, zählt jedoch zu den am stärksten betroffenen Staaten weltweit. Extreme Hitzeperioden mit Temperaturen über 50 °C wechseln sich mit Überschwemmungen ab, die ganze Regionen unbewohnbar machen.

Ein zentrales Problem liegt in der unzureichenden Erfassung von Todesursachen: Nur etwa 5 % aller Todesfälle werden dokumentiert, klimabedingte Faktoren wie Folgen von Überschwemmungen oder Hitzewellen bleiben weitgehend unsichtbar. Amnesty führte deshalb eine eigene Untersuchung durch, neben statistischer Auswertung der Daten vom Pakistan Hospital Network (IHHN) auch über 210 Interviews mit Hinterbliebenen von Personen, die durch die Klimakrise gestorben sind. Diese zeigen, wie Menschen über Wochen ohne Zugang zu sauberem Wasser, medizinischer Versorgung oder in Notunterkünften lebten.

Laura Mills hob die menschlichen Schicksale hervor, etwa die Geschichte einer Mutter, deren einjährige Tochter nach einer Flut starb, weil sie durchnässt war und keine Hilfe kam. Viele Menschen lebten wochenlang auf erhöhten Straßen, ohne Zugang zu sauberem Wasser oder lebenswichtigen Utensilien wie Moskitonetzen. Über 2.000 Gesundheitseinrichtungen wurden durch Fluten zerstört, und auch extreme Hitze setzt dem Gesundheitssystem zu, in Städten wie Karatschi verschärfen Stromausfälle und fehlende gekühlte Orte die Lage. Laura Mills kritisierte die unzureichende Warnung vor Katastrophen und die mangelnde Unterstützung durch die Regierung. Gleichzeitig fehlt es an Stromversorgung und sozialem Schutz für vulnerable Gruppen wie ältere Menschen oder Kinder. Sie forderte ein Ende der fossilen Brennstoffe, mehr internationale Klimafinanzierung und Reparationszahlungen statt Kredite, da Pakistan die Krise nicht verursacht habe.

Die anschließende Podiumsdiskussion, moderiert von Marcel Bodewig, brachte zwei Perspektiven aus Pakistan zusammen: Dr. Farah Waseem, Medizinerin und Klimagerechtigkeitsaktivistin, und Maazan Mubasher, Medizinstudent und Mitglied der International Federation of Medical Students Association Pakistan.

Farah Waseem schilderte die dramatische Lage in staatlichen Krankenhäusern in Pakistan, wo 40 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und oft alles verkaufen müssen, um ihre medizinische Versorgung zu finanzieren. Krankenhäuser sind völlig überlastet, es fehlt an Krankenhausbetten, und Menschen müssen auf den Krankenhausfluren übernachten. Oft fehlt Müttern sogar ausreichend Platz, um in Sicherheit zu gebären. Klimakatastrophen wie Überschwemmungen verschärfen diese Krise, Krankheiten wie Dengue-Fieber und Malaria können sich weiter ausbreiten. Dabei werden Todesursachen werden oft falsch dokumentiert, etwa als Lungenentzündung, obwohl die Tode aufgrund der Klimakrise erfolgten.

Sie kritisierte, dass im Januar 2023 auf der „International Conference on Climate Resilient Pakistan” in Genf rund 11 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau und die Widerstandsfähigkeit Pakistans nach den Überschwemmungen von 2022 von der internationalen Gemeinschaft zugesagt wurden. Allerdings sind bislang nur etwa 4,5 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern tatsächlich an Pakistan geflossen. Auch ging sie auf die internationale Dimension ein. Sie fordert nicht nur die internationale Gemeinschaft auf, zu helfen und Verantwortung zu übernehmen, so gibt es kein Frühwarnsystem, keine Katastrophenschutzmaßnahmen und keine Notfallplanung: „Die Welt hat uns im Stich gelassen, aber auch unsere Regierung versagt.“

Maazan Mubasher berichtete von seinen Erfahrungen in staatlichen Krankenhäusern, wo es an Betten und Infrastruktur fehlt. Besonders während Überschwemmungen steigen Krankheiten wie Cholera und Dengue-Fieber massiv an. Er betonte die Kluft zwischen privaten und öffentlichen Krankenhäusern sowie Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht und sozialer Herkunft. Maazan erzählte, wie sein eigenes Leben durch wiederholte Überschwemmungen beeinträchtigt wurde: seine Wohnung wurde bereits sieben Mal überflutet, Möbel und Habseligkeiten wurden zerstört. Er kritisierte die mangelnde Infrastruktur, insbesondere das ineffiziente Entwässerungssystem, sowie die fehlende öffentliche Aufklärung und staatliche Unterstützung.

Anne Stadtmüller, Mitglied der Themenkoordinationsgruppe Klimakrise und Menschenrechte, schloss die Veranstaltung mit einer Reflexion über die intersektionale Dimension der Klimakrise. Sie betonte die Verantwortung Deutschlands, die Arbeit von Amnesty International und die Bedeutung der Berichte, um die Stimmen Betroffener zu verstärken. Sie rief die Teilnehmenden dazu auf, sich am Klimastreik am 20. September 2025 zu beteiligen, um ein starkes Zeichen für Klimagerechtigkeit zu setzen.

Die Veranstaltung bot einen eindrucksvollen Einblick auf die Dringlichkeit der Klimakrise und ihre Auswirkungen auf Menschenrechte, insbesondere in Pakistan. Die bewegenden Berichte der Teilnehmenden verdeutlichten die Dringlichkeit globaler Klimagerechtigkeit. Der Abend war nicht nur inspirierend, sondern auch ein Aufruf zum Handeln für mehr Solidarität und konkrete Maßnahmen gegen die Klimakrise. Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Referent*innen und Teilnehmenden für die bereichernde Diskussion und wertvollen Einblicke bedanken.