Original (englisch): hier | 12. November 2025
Von Leonela Moncayo, Menschenrechtsverteidigerin im Bereich Umwelt
Eines der Mädchen, die gegen die ecuadorianische Regierung geklagt haben, um das Abfackeln von Gas im Amazonasgebiet zu beenden, wird am Umweltgipfel teilnehmen, um die Umsetzung des Gerichtsurteils zu fordern.
Ich bin im ecuadorianischen Amazonasgebiet geboren. Mein Haus liegt gegenüber einer Ölquelle. Während andere Mädchen mit Blick auf Berge oder Parks aufwuchsen, sah ich feurige Monster. Anstelle des Sonnenaufgangs über den Baumwipfeln sah ich die Flamme einer Gasfackel, die niemals erlosch.
Seit ich mich erinnern kann, roch die Luft nach Rauch. Manchmal, wenn ich spielte, roch ich verbranntes Plastik. Meine Freund*innen und ich dachten, das sei normal, dass der Dschungel eben so roch. Später wurde mir klar, dass das nicht natürlich war. Es war Umweltverschmutzung.
Seit meiner Kindheit habe ich miterlebt, wie die Ölförderung die Natur schädigt und die Schönheit der Pflanzen, Tiere und Gewässer zerstört. Ich habe auch gesehen, wie Menschen in meiner Gemeinde und meiner Familie krank wurden. Am meisten schmerzt mich das Gefühl, dass niemand die Verantwortung für diesen großen Schaden übernommen hat.
Das Leben in der Nähe einer aktiven Ölquelle verändert dein Leben.
Als ich 11 Jahre alt war, nahm ich an einer Reise teil, die von der Union der von Texacos Ölförderung betroffenen Menschen (UDAPT) organisiert wurde. Das Ziel der Reise, die wir „Gift-Tour” nannten, war es, die Auswirkungen der Ölförderung zu zeigen. Ich erinnere mich, wie ich unter einer Fackel stand, aus der Gase austraten, die die Atmosphäre aufheizen, wie Methan, das 84 Mal mehr Wärme speichert als CO₂. Ich schaute auf den Boden und mein Herz zog sich zusammen: Dort lagen Tausende tote und verkohlte Insekten. Winzige, leblose Körper.
Da wusste ich, dass ich etwas tun musste.
Ich schloss mich mit anderen Mädchen und jungen Menschen zusammen. Mit der Unterstützung der UDAPT und der Initiative „Eliminen los Mecheros, Enciendan la Vida” (Beseitigt die Fackeln, entzündet das Leben) verklagten wir den ecuadorianischen Staat, um die Gasfackeln zu beseitigen und unsere Rechte zu schützen. Und wir gewannen: Das Gericht ordnete an, dass der Staat diese riesigen Flammen löschen musste.
Wir waren Mädchen, keine Expertinnen. Aber wir hatten das Stärkste, was es gibt: die Wahrheit. Das Gericht gab uns Recht, aber sein Urteil brachte keine Gerechtigkeit.
Bis heute brennen die Fackeln weiter.
Als junge Frauen für die Natur einzutreten hat Konsequenzen. Wenn wir versuchen, der Welt ein wahrheitsgetreues Bild von der Umweltverschmutzung und den Verletzungen der Menschenrechte und der Natur zu vermitteln, werden wir als Erstes kritisiert. Viele wollen nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Und es ist noch schlimmer, wenn diejenigen von uns, die sich zu Wort melden, rechtlich gesehen noch Kinder sind.
Sie sagen uns ständig, dass wir von Erwachsenen manipuliert werden oder dass wir einen Wutanfall haben.
Mehrmals haben Polizei und Militär – auf Anweisung der Regierung – Straßen gesperrt, um uns daran zu hindern, zu Treffen mit Behördenvertreter*innen zu gelangen.
Im Februar 2024 wurden meine Familie und ich Opfer eines Anschlags. Sie warfen einen Sprengkörper in den Eingang meines Hauses. Darauf befand sich ein Zettel mit einer Aufschrift, der jedoch durch das Feuer verbrannt wurde. Sie wollten mich zum Schweigen bringen.
Trotz der Beleidigungen, Straßensperren und Gewalt bleiben wir stark, mutig und entschlossen, unsere Rechte und die Rechte der Natur zu schützen.
Denn wenn wir es nicht tun, wer dann?
Unsere Teilnahme am wichtigsten Klimagipfel, der COP30 in Belém, Brasilien, zeigt der Welt, dass es keine Klimaschutzmaßnahmen geben kann, solange der Amazonas weiter brennt. Dies ist die erste COP im Amazonasgebiet, und das muss etwas bedeuten.
Ich bin nicht nach Belém gekommen, um um Gefälligkeiten zu bitten. Ich bin gekommen, um zu fordern, dass der ecuadorianische Staat das Gerichtsurteil einhält. Ich bin auch gekommen, um alle Staaten daran zu erinnern, die Menschenrechte zu achten und dass der Schutz der Umwelt keine Ausgabe ist – sondern die beste soziale und kulturelle Investition, die eine Regierung tätigen kann.
Die Duldung von Umweltverschmutzung und Rechtsverletzungen ist kein Zeichen politischer Stärke, sondern ein Zeichen von Gleichgültigkeit.
Indem sie Untätigkeit im Klimaschutz und Umweltverschmutzung zulassen, zerstören die Staats- und Regierungschefs der Welt – einschließlich der ecuadorianischen Behörden – das Leben von Menschen und Tausenden von Pflanzen- und Tierarten.
Die Mestizinnen und indigenen Mädchen und jungen Frauen des Amazonasgebiets kommen in den Medien normalerweise nicht zu Wort, aber wir haben eine Stimme, und unser Feuer brennt heller als das jeder Ölquelle.
Wir nennen uns „Kriegerinnen für den Amazonas“.
Wenn wir allen Menschen die Bedeutung der Klimagerechtigkeit verständlich machen können, können wir den Amazonas wiederherstellen. Wir können seine Flächen wieder aufforsten, seine Naturgebiete wiederherstellen, Tiere in ihren Lebensraum zurückkehren lassen und dafür sorgen, dass die Flüsse wieder sauber sind.
Niemand kann uns zum Schweigen bringen oder uns zwingen, angesichts von Ungerechtigkeit den Mund zu halten. Mut ist eine Fähigkeit, die wir durch unser Handeln entwickeln. Die Verteidigung unserer Rechte ist ein Schutzschild der Stärke, den wir selbst erschaffen. Jeder Einzelne kann sein eigenes Schutzschild erschaffen.
Wir alle haben diese Kraft.
